11.07.2006

Kettensägenmassaker

Manneken Pis ließ heute morgen - seines Morgens, also mittags - das Rollo nach oben rattern, warf einen Blick durchs Fenster ins Draußen und fühlte sich von seinem Nachbarn reichlich ans Bein gepisst! Selbiger ist kein Nachtaktiver, sondern Frühmorgenssportler, und metzelt im rustikalen Remake des "Chainsaw Massacres" alles Gehölz im Garten nieder.

Kaum jedoch, daß sich des Schreibers bindehautentzündetes Glubschauge an das gleißende Sonnenlicht gewöhnt und er sich ein bis zwei Tassen Kaffee einverleibt hat, ist es auch schon vorbei mit dem schlafraubenden Lärm und man könnte sich wieder in die wohlig warmen Kissen kuscheln, wären die zwischenzeitlich nicht längst erkaltet wie das Herz des Schreibers, wenn es um die Nachbarschaft geht. Manneken Pis fühlt sich verschaukelt, zum Kasperl degradiert.

"Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst" ist ein weiser Spruch, der hinkt auf beiden Beinen. Hat man es erst einmal geschafft, sich selbst mit all dem Rattenschwanz von Ticks und Eigenheiten und Absonderlichkeiten ohne ständige Selbstzweifel-Sturzflugattacken so anzunehmen wie man ist, und kann sich fortan im Spiegel betrachten ohne selbigen mit einer geraden Rechten zertrümmern zu wollen, und hat man sich nun endlich ein lebendiges Lächeln auf die Lippen zaubern können, mit dem man sich der Welt um den Hals werfen und ihr seine Liebe gestehen könnte, ja DANN!...

Dann kommt sicher einer und motorsägen- oder rasenmäher- oder laubsaugermetzelt, was das Zeug hält, und bringt einen um die Nacht/Tag-Ruhe und den dringend benötigten Schönheitsschlaf. Schon ist es vorbei mit Erholung und Entspannung und man wünscht entweder sich selbst (aus Gründen der dort angeblich vorherrschenden eremitagen Ruhe) oder eben seinen Nächsten (zwecks Entfernung zur Schaffung der gewünschten räumlichen Distanz) auf irgendeinen Gipfel des Himalaya.

Manneken Pis verflucht seinen Nachbarn, der ihn so unsanft geweckt hat, und auch sich selbst, denn nun ist es mit der Nächstenliebe zumindest bis auf Weiteres vorbei. Er fühlt sich, wie erwähnt, beinbepinkelt und hofft, daß der Missmut sich wie der Morgennebel in Wohlbefinden auflösen wird - es gäbe schließlich viel zu tun heute...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Beinbepinkelt fühlt man sich (ohne Sensibelchen zu sein) in der Bude öfters. So gesehen war das Kettensägenmassaker vergleichsweise harmlos. Verschont geblieben is der Tagschläfer immerhin von Kindergeschrei und zetternder Mama Schreckschraube samt schepperndem Gartentor. Mein ungeteiltes Mitgefühl hat er trotzdem!!!